Digitaler Börsenbrief
Der Börsenhaiden Juli 2023
Herzlich Willkommen bei der 3. Ausgabe des digitalen Börsenbriefs.
Was hat sich im vergangenen Monat getan?
Bestandsaufnahme
Die wichtigsten Ereignisse waren sicherlich die diversen Notenbank-sitzungen. Aber nicht nur die amerikanischen Fed und der EZB sorgten für Marktschwankungen, sondern auch die Entscheidungen der Bank of Canada, Bank of Australia, Bank of England und der Schweizer Notenbank.
Grundtenor war, unabhängig davon ob die Zinsen angehoben oder gleich belassen wurden, dass das Zinsniveau b.a.w. hoch bleiben muss, weil die Inflation zwar rückläufig, aber nach wie vor hartnäckig ist.
In diesem, eher aktienfeindlichen Marktumfeld, konnten sich insbesondere die Tech Aktien sehr gut behaupten, was den Börsenhaiden zu einer Reaktion im Börsenhaiden-Portfolio veranlasst hat.
Aber werfen wir zuerst einmal einen Blick auf die Märkte.
Marktüberblick Aktien | Anleiherenditen | Kryptos | Tech-Aktien
Gegenüber dem Vormonat konnten die internationalen Aktienmärkte auf breiter Front zulegen. Insbesondere US-Tech-Aktien profitieren von dem anhaltenden KI (=Künstliche Intelligenz) Boom.
Der Goldpreis leidet unter den hohen Zinsen und den intakten Zinserhöhungsphantasien. Die Zentralbankchefs aus den USA, der EZB und der Bank of England haben am Mittwoch zum Abschluss des geldpolitischen Forums der EZB im portugiesischen Sintra unisono einmal mehr klargestellt, nicht von ihrem Zinserhöhungskurs gegen die anhaltend hohe Inflation abrücken zu wollen.
Der Bitcoin und der gesamte Kryptomarkt konnten gegenüber dem Vormonat ebenfalls Kursgewinne verzeichnen. Diese waren jedoch von einer Berg- und Talfahrt geprägt. Nach turbulenten Wochen mit Klagen der amerikanischen Börsenaufsicht SEC gegen die zwei wichtigsten Kryptobörsen Binance und Coinbase, verschaffte der weltweit größte US-Vermögensverwalter Black Rock dem Bitcoin eine Verschnaufpause. Mit einem verwalteten Vermögen von rd. 9 Billionen Dollar kündigte das Unternehmen die Auflage eines Bitcoin Spot ETFs an.
Der Zulassungsantrag bei der SEC ist bereits eingereicht: Falls genehmigt, könnten Anleger in Bitcoin investieren, ohne sich bei einer Kryptobörse anmelden zu müssen. Spot-ETFs sind auch besonders für institutionelle Investoren, wie Pensionskassen oder Fondsanbieter spannend. Die Verwaltung der Bitcoin-Bestände, mit denen der ETF hinterlegt ist, soll die US-Kryptofirma Coinbase übernehmen. Bleibt abzuwarten, ob der Finanz-Riese sein Vorhaben von der kryptokritischen Behörde genehmigt bekommt.
Wie in der Einleitung schon angesprochen, waren im vergangenen Monat insbesondere die diversen Notenbankentscheidungen und die damit verbundenen Aussagen von großer Bedeutung für das Marktgeschehen.
Dass die amerikanische Notenbank Federal Reserve Bank, oder kurz Fed genannt, die Zinsen nicht angehoben hat, war breiter Marktkonsens und sorgte somit für wenig Überraschung. Was jedoch für größeres Aufsehen sorgte, war die Aussage vom US-Notenbank Chef Jerome Powell, dass ab Juli wohl weitere ein bis zwei Zinserhöhungen notwendig sein müssten, um die Inflation nachhaltig eindämmen zu können.
Das hat gesessen, insbesondere für jene Mehrheit der Marktteilnehmer, die eigentlich ab Ende diesen bzw. Anfang des kommenden Jahres bereits Zinssenkungen erwartet hatten. Mittlerweile stehen die Chancen für eine Anhebung um weitere 25 bp auf dann 5,50% bei über 70%.
Auch von der EZB, die der Fed ca. 4 Monate hinterherhinkt, werden weitere Zinserhöhungen erwartet, nachdem sie den Leitzins im Juni um 0,25% auf 4% angehoben hat.
Das war seit Juli des Vorjahres immerhin die achte Anhebung in Folge. Die Aussagen der EZB-Präsidentin Christine Lagarde ließen auch keine Zweifel darüber aufkommen, dass es weitere Zinserhöhungen geben wird, damit sichergestellt werden kann, dass der nach wie vor starke Preisdruck durch ein restriktives Leitzinsniveau eingedämmt werden soll.
Auf den Punkt gebracht bedeutet das, vereinfacht gesagt, folgendes: Höhere Zinsen verteuern Kredite, welche von den Banken nur mehr eingeschränkt bzw. selektiv vergeben werden. Dies wird die Unternehmensaktivitäten und die Konsumlust abschwächen, was wiederum die Unternehmens-Gewinn-Spannen unter Druck bringen wird. In Summe wird also die Konjunktur gebremst werden, was wiederum zu einer Rezession führen könnte (streng genommen haben wir in Deutschland schon eine „technische“ Rezession, die durch zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfender Wirtschaftsleistung definiert wird.
Diesem „Trend“ der Zinsanhebungen sind auch noch andere Notenbanken gefolgt, hier ein kurzer Überblick:
Notenbank | Land | Zinserhöhung um | auf |
Bank of Canada | 0,25% | 4,75% |
Schweizer Nationalbank | 0,25% | 1,75% |
Türkische Zentralbank | 6,5% | 15,00% |
Bank of England | 0,50% | 5,00% |
Reserve Bank of Australia (RBA) | 0,25% | 4,10% |
Schauen wir uns jetzt an, welche Wirtschaftsdaten im Juli veröffentlicht werden.
Analyse
Wirtschaftsdaten im Juli
An und für sich gestalten sich die Sommermonate etwas ruhiger, weil, ob der Sommerferien, weniger Trader und institutionelle Investoren am Markt aktiv sind. Diese saisonalen Trends treten freilich auch nicht immer auf.
Vor allem die im Juli anstehenden Veröffentlichungen von Wirtschafts-daten, könnten aber für etwas Bewegung im Markt sorgen.
Der Juli-Beginn wird insbesondere von US-Wirtschaftsdaten geprägt: ISM-Einkaufsmanagerindex – Verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungsgewerbe, ADP-Beschäftigungsänderungen (Juni) und JOLTs Stellenangebote (Mai).
Die Einkaufsmanagerindizes sind für den konjunkturellen Ausblick von Bedeutung. Die Arbeitsmarktdaten geben Auskunft, ob eine Lohn-Preis-Spirale drohen könnte.
Was ist eine Lohn-Preis-Spirale einfach erklärt: Die Hypothese dahinter bezeichnet die Wechselwirkung von Lohnerhöhungen und Preissteigerungen. Denn steigen die Löhne deutlich an, zum Beispiel durch das Drängen von Gewerkschaften aufgrund einer Inflation, kann letztere dadurch befeuert werden.
Löhne und Preisniveau treiben sich gegenseitig voran und heizen so die Inflation immer weiter an. Der Grund: Die gestiegenen Löhne führen einerseits zu steigenden Produktionskosten, andererseits zu einer wachsenden Nachfrage durch die höhere Kaufkraft, was freilich wiederum schlecht für die Entwicklung der Inflation ist. Diese wollen die Notenbanken ja weltweit senken.
Demzufolge sind sinkende Durchschnittliche Stundenlöhne, eine geringere Beschäftigung und steigende Arbeitslosenquoten ein gutes Anzeichen für die Notenbanken, weil sie eine Abkühlung der Wirtschaft und somit in weiterer Folge eine sinkende Inflation bedeuten (könnten).
Auch in Deutschland und UK werden spannende Daten veröffentlicht: Einkaufsmanagerindex (EMI), Verbraucherpreisindex (VPI), ZEW-Konjunkturerwartungsindex in Deutschland, in Großbritannien ebenso Einkaufsmanagerindex und Entwicklung der Wirtschaftsleistung (BIP).
Gegen Mitte des Monats werden wir mehr über die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und die Industrieproduktion in China erfahren. Chinas Wachstumserwartungen werden ja von den Bankanalysten und Research Instituten für dieses Jahr laufend nach unten korrigiert. Der Aufholbedarf nach Beendigung der Corona-Lockdowns, manifestiert sich v. a. im Konsum von Dienstleistungen (Urlaub, Restaurantbesuche, etc.) und weniger in Produktionssteigerungen, was insbesondere die globale Wirtschaft nicht stimulieren wird (Binnennachfrage vs. internationale Nachfrage). Die alte Strategie, bei Konjunkturabschwüngen einfach in die Bauwirtschaft und Infrastruktur zu investieren, damit die Wirtschaft angekurbelt wird, geht ebenfalls nicht mehr auf.
Sinkende Nachfrage an Wohnungen, auch aufgrund einer schrumpfenden Bevölkerung, führen zu hohen Leerstandsquoten und „Geisterstädten“, was wiederum Immobilienentwickler in die Bredouille bringt.
Den finalen Paukenschlag setzt am 26. Juli die US-Notenbank Fed mit ihrer Zinsentscheidung. Allgemeiner Konsens ist eine Erhöhung um 25 bp auf eine Zinsspannbreite von 5,25 – 5,50%. Diesbezüglich wird insbesondere die Rede von Notenbank Jerome Powell und deren Interpretation von Bedeutung sein.
Bei der EZB-Sitzung am 27. Juli wird eine Zinserhöhung um 25bp auf dann 4,25% erwartet.
Reaktion
Nach der Marktanalyse und dem Marktausblick kommen wir nun zur Reaktion. Da ich nach wie vor von einem sehr fragilen Marktumfeld ausgehe, habe ich die Übertreibungen insbesondere im Tech-Aktien-Bereich zum Anlass genommen und habe DEN amerikanischen Technologie-Aktienindex, Nasdaq 100, verkauft.
Was früher nur professionellen Marktteilnehmern möglich war, funktioniert heute ganz einfach mit diversen Privatkunden-sogenannten Retail-Produkten.
Im konkreten Fall habe ich mit einem Mini-Future Short auf fallende Kurse des Nasdaq 100 gewettet.
Der Begriff Wette ist diesbezüglich etwas irreführend, weil ich, auch gemäß den Börsehaiden-Portfolio Regeln, Short-Positionen nur zu Absicherungs-zwecken verwenden darf.
Was ein Mini Future genau ist, schauen wir uns gleich im Folgenden an.
Mini Futures gehören zur Gruppe der derivativen Hebelprodukte. Derivativ bedeutet „durch Ableitung entstanden“. Also ein Derivat auf den DAX-Index ist ein Finanzkontrakt, der vom DAX-Index (=Basiswert) abgeleitet ist.
Der Basiswert kann auch eine Aktie, ein Rohstoff oder ein Währungspaar sein.
Mini-Futures werden automatisch gekündigt, bevor der Basiswertkurs den Basispreis erreicht oder überschreitet.
Eine zusätzlich definierte Stop-Loss Barriere im Abstand zum Basispreis führt hier gegebenenfalls zu einem Stop-Loss Ereignis. Dadurch kann möglicherweise ein deutlicher Restwert erhalten bleiben und ein Totalverlust vermieden werden.
Excel Corner
Die Berechnung der Hebelfunktion habe ich euch anhand eines DAX Mini Long Futures in den Excel Corner gestellt. Neben den Berechnungsformeln findet ihr dort auch nützliche Beschreibungen, wie sich der Kurs errechnet und verändern kann.
Was ist nun das Fazit des Digitalen Börsenbriefs?
Das Marktumfeld ist nach wie vor von Unsicherheit geprägt: Hohes Zinsniveau, hartnäckige Inflation, sogenannte „sticky inflation“, und Rezessionsängste.
Einzig der Arbeitsmarkt hält sich im wirtschaftlichen Gesamtkontext erstaunlich gut. Da diesbezüglich aber eine Lohn-Preis-Spirale befürchtet wird, also, gefragte Arbeitskräfte und Gewerkschaften können höhere Löhne durchsetzen, werden die Notenbanken die Zinsen weiter hoch belassen oder sogar noch erhöhen.
Dieser unsicheren Gemengelage kann man am besten mit breiter Diversifikation begegnen.
Jedenfalls bleibt es spannend und ich freue mich schon auf neue Erkenntnisse im nächsten Digitalen Börsenbrief.
Euch bis dahin noch eine schöne Zeit und hoffentlich bis bald!
Euer Börsenhaiden
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