Digitaler Börsenbrief Juni 2023
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Digitaler Börsenbrief

Der Börsenhaiden Juni 2023

Liebe Börsen- und Wirtschaftsinteressierte, die Zeit läuft dahin und wir laufen mit.

Und somit sind wir schon beim zweiten digitalen Börsenhaiden-Brief angelangt.

Wie bereits im ersten Börsenbrief angekündigt, starten wir mit der Bestandsaufnahme und den Aussichten.

Bestandsaufnahme

Der Marktüberblick kann kurz wie folgt zusammengefasst werden: Gegenüber dem Vormonat haben die meisten Asset Klassen an Wert verloren. Der seit Jahresanfang anhaltende Aufwärtstrend, trotz eines mit nach wie vor hohen Inflationsdaten einhergehenden steigenden Zinsumfeldes und sich eintrübender Wirtschaftsaussichten, scheint vorerst gebrochen zu sein.

Die Euphorie ist der Ernüchterung gewichen: Chinas jüngste Wirtschaftsdaten sind enttäuschend ausgefallen. Der Einkaufsmanagerindex ist am vergangenen Dienstag von 49,2 auf 48,8 Punkte gefallen, die Erwartungen lagen bei 51,4. Ein Wert unter 50 Punkte bedeutet generell, dass die Wirtschaftsaktivitäten nachlassen.

Die Hoffnungen, welche an eine Wiederöffnung Chinas nach der strengen Zero-Covid-Politik geknüpft wurden, scheinen sich, zumindest vorerst, aufzulösen. Ähnlich wie in den USA, dürfte der Nachfrageschub eher im Dienstleistungs-, als im Produktions- und Industriesektor zu verorten sein, was wiederum die Binnen- und nicht die Weltwirtschaft ankurbelt.

Zunehmend straffere Kreditkonditionen in den USA und Europa dämmen, genauso wie ein steigendes Zinsniveau, die Nachfrage nach Gütern ein und führen zu zunehmenden Konsumverzicht und Sparmaßnahmen.

 

Wir haben uns jetzt die aktuellen Marktdaten angeschaut.

Wie bereits in der ersten Ausgabe des Digitalen Börsenbriefs skizziert, befinden wir uns derzeit in einem relativ schwierigen Marktumfeld. Die aktuelle Marktsituation wollen wir gleich einmal genauer analysieren.

Also, gehen wir „in medias res“.

U

Analyse

    Wirtschaftsdaten im Juni

    Der Juni wartet noch einmal ein interessantes Datenpotpourri auf, die Einkaufsmanagerindizes und Einzelhandelsumsätze werden, als sogenannte Vorlaufindikatoren, einen weiteren Aufschluss über den Zustand der weltweit wichtigsten Volkswirtschaften liefern.

    Diesbezüglich gehe ich eher von einer Eintrübung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus, also schlechtere Konjunkturerwartungen und schwächere Nachfrage.

    Die wichtigsten Ereignisse sind freilich die US-Zinsentscheidung der Fed am Mittwoch, den 14. Juni, und jene der EZB am folgenden Tag. Die Fed wird den Leitzinssatz voraussichtlich um 25 bp auf 5,50%, also genauer genommen, auf eine Bandbreite von 5,25% bis 5,50% erhöhen. Die EZB dürfte ebenfalls um 0,25% auf dann 4% erhöhen.

    Entscheidender Faktor für die Leitzinsentwicklung ist, nach wie vor, die Entwicklung der Inflationsdaten.

    Wie sich das Wechselspiel zwischen (Leit-)Zinsen und Inflation in den USA und Europa entwickelt hat, sehen wir uns gleich anhand folgender Charts an.

      Gesamt- vs. Kerninflation | USA vs. Europa

      Wie sich das Wechselspiel zwischen (Leit-)Zinsen und Inflation in den USA und Europa entwickelt hat, sehen wir uns gleich anhand folgender Charts an.

      Wie man in diesem Chart sehr schön erkennen kann, hat die Gesamtinflationsrate (orangene Linie) die Leitzinsen (grüne Linie) schon unterschritten. Das bedeutet, dass die USA ihr Ziel, die Inflation unter die Leitzinsen zu drücken, schon erreicht hat bzw. zumindest am richtigen Weg dazu ist.

      Allerdings liegt die Kerninflation noch immer über dem Leitzinsniveau. Als Kerninflation wird einfach ausgedrückt die Gesamtinflation ohne die Preise für Lebensmittel und den Energiesektor verstanden. Durch den Ausschluss von stärker schwankenden Produkten sollen die Inflationszahlen bereinigt bzw. harmonisiert werden. Da die Lebensmittel- und Energiepreise v.a. die Geringverdiener verhältnismäßig stärker belasten, halte ich diese Unterscheidung für zumindest diskussionswürdig. Letzten Endes sind die Menschen nicht dumm, und sehen sehr wohl, wieviel ihnen am Monatsende mehr oder weniger im Geldbörsel verbleibt.

      Wenn wir uns jetzt die selbe Konstellation in der EU anschauen, sehen wir, dass der Abstand von Leitzins und Inflation nach wie vor sehr hoch ist, nämlich 7% Inflation vs. 3,75% Leitzinsen. Wenn die EZB also ihrer Linie, die Inflation bekämpfen zu wollen, treu bleibt, werden wir hier wohl noch einige weitere Zinserhöhungen sehen.

      Und damit kommen wir schon zu einem interessanten Phänomen, dass den Wenigsten bewusst ist: Die Realzinsen, also die Leitzinsen abzüglich der Gesamtinflation, sind um einiges negativer, als noch zur Zeit der Nullzinsphase. Wenn sich die Allgemeinheit wieder freut, dass auf Festgelder mit einer Bindungsdauer von mehr als 1 Jahr wieder ein 2er oder gar 3er vor dem Zinssatz steht, dann haben sie Realität leider nicht durchschaut. Ein Grund mehr, seinen Vermögensaufbau vorwiegend auf Sachwerte zu konzentrieren. Die Preistreiber der österreichischen Inflationsdaten im April, möchte ich euch daher demonstrativ anhand dieser Grafik zeigen.

      Realzinsen

      Und damit kommen wir schon zu einem interessanten Phänomen, dass den Wenigsten bewusst ist: Die Realzinsen, also die Leitzinsen abzüglich der Gesamtinflation, sind um einiges negativer, als noch zur Zeit der Nullzinsphase. Wenn sich die Allgemeinheit wieder freut, dass auf Festgelder mit einer Bindungsdauer von mehr als 1 Jahr wieder ein 2er oder gar 3er vor dem Zinssatz steht, dann haben sie Realität leider nicht durchschaut. Ein Grund mehr, seinen Vermögensaufbau vorwiegend auf Sachwerte zu konzentrieren. Die Preistreiber der österreichischen Inflationsdaten im April, möchte ich euch daher demonstrativ anhand dieser Grafik zeigen. 

      Schuldenobergrenze USA

      Auf der nächsten Folie kommen wir zu einem weiteren bestimmenden Thema der Aktienmärkte. Die ewige Diskussion über die Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA.

      Zum Zeitpunkt des Videodreh ist der Status-quo dergestalt, dass man sich grundsätzlich auf eine zweijährige Anhebung der Schuldenobergrenze geeinigt hat, diese Maßnahmen aber noch durch den Senat (demokratisch dominiert) und dem Repräsentantenhaus (republikanisch dominiert) abgesegnet werden müssen. Trotz der verhärteten Fronten zwischen Demokraten und Republikanern gehe ich doch davon aus, dass die Vernunft siegen wird. Der Preis eines Scheiterns ist viel zu hoch und würde nicht nur die US- sondern die gesamte Weltwirtschaft in eine erhebliche Mitleidenschaft ziehen, zumal sie derzeit ohnehin sehr fragil ist.

      Nichtsdestotrotz ändert eine permanente Anhebung der Schuldenobergrenze das Grundproblem nicht. Nämlich, dass die USA in den letzten 50 Jahren  erst 5 Mal (!) einen Budgetüberschuss erwirtschaftet hat. Das Budgetdefizit betrug im Fiskaljahr 2022 1,38 Billionen USD, mittlerweile beläuft es sich schon auf fast 925 Mrd. USD. Das Fiskaljahr beginnt übrigens am 1 Oktober und endet am 30. September des Folgejahres.

      Künstliche Intelligenz | Gerechtfertigter Boom?

      Gegen Ende des digitalen Börsenbriefes möchte ich noch gerne auf die aktuellen Auswüchse des KI-Booms eingehen, exemplarisch anhand des Grafikkarten-Spezialisten NVIDIA, der massiv vom Boom der Künstlichen Intelligenz profitieren soll.

      Schauen wir uns dazu zuerst einmal den Chartverlauf vom S&P 500 und dem S&P 500 Equal Weight an. Im Gegensatz zum S&P 500 werden die 500 Titel des Aktienindex S&P 500 Equal Weight nicht nach Marktkapitalisierung, sondern gleich gewichtet. Somit repräsentiert der Equal Weight Index die Marktbreite des Aktienindex. Der Chartverlauf zeigt sehr deutlich auf, dass die jüngste Kursrally von ein paar wenigen, stark gewichteten, Aktien stammt. Die Begriffe Aktienindex und Marktkapitalisierung bekommst du übrigens im Lernvideo „ETF für Anfänger“ erklärt.

      NVIDIA stellte bei der Präsentation seiner Quartalszahlen für das noch bis Ende Juli laufende Viertelgeschäftsjahr einen Umsatz von rd. 11 Mrd. USD in Aussicht, wobei Analysten im Schnitt mit 7,2 Mrd. USD gerechnet hatten.

      Getrieben wurde und wird der KI-Hype in den vergangenen Monaten v. a. von der Chatbot ChatGPT-Software von Microsoft.

      Insgesamt sank der NVIDIA-Umsatz im Ende April abgeschlossenen ersten Geschäftsquartal um 13 Prozent auf 7,19 Milliarden Dollar. Der zentrale Grund dafür war ein Einbruch im Geschäft mit Grafikkarten für Personal Computer. Dieses schrumpfte um 38 Prozent auf 2,24 Milliarden Dollar. Der PC-Markt läuft aktuell nach dem reißenden Absatz zu Beginn der Corona-Pandemie schwach.

      Also werden hier, wie an der Börse grundsätzlich üblich, wieder einmal Hoffnungswerte gehandelt.

      Das ist grundsätzlich nichts Unübliches, allerdings zeigen uns die Kennzahlen Price-to-Earnings-Ratio (Kurs-Gewinn-Verhältnis) und Price-to-Sales-Ratio (Kurs-Umsatz-Verhältnis, also das Verhältnis von Aktienkurs zu den Umsatzerlösen) ein ungesund hohes Niveau an, wie es Charlie Bilello in dieser Aufstellung sehr treffend zusammenfasst.

      Natürlich kann man Bewertungsmaßstäbe von Technologie-Aktien nicht mit konventionellen Aktien vergleichen, aber dieses Bewertungsniveau ist schon übertrieben hoch und erinnert den Börsenhaiden an Auswüchse der Tech-Bubble im 2000er Jahr.

      Mag sein, dass das Thema Künstliche Intelligenz (auf neudeutsch AI oder Artificial Intelligence) großes Potential in sich birgt, die Hoffnungswerte sind jedoch, zumindest kurzfristig betrachtet, meines Erachtens weit überzogen, weshalb ich von einer baldigen Kurskorrektur der amerikanischen Tech-Aktien-Indizes Nasdaq 100 und Composite ausgehe.

      Reaktion

      Nach der Bestandsaufnahme und der Analyse, kommen wir nun zum Fazit: Im Börsenhaiden-Portfolio sehe ich derzeit keinen Anpassungsbedarf. Das Portfolio ist zwar breit diversifiziert, für die aktuelle Gemengelage aber vielleicht zu Aktien lastig ausgerichtet.

      Da wir aber einen langfristigen, also größer als 5 Jahre dauernden, Veranlagungszeitraum unterstellen, können wir damit leben.

      Die aktuelle Zusammensetzung des Börsenhaiden- und Benchmark-Portfolios habe ich euch unter der Rubrik „BÖRSENHAIDEN PRAXISPORTFOLIO“ zusammengefasst.

      Beim Benchmark- und den Muster-Portfolios möchte ich nochmals erwähnen, dass diese nur einmal im Quartal adjustiert, also an die Handelsregeln bzw. ursprünglichen Asset Allocations angepasst werden.

        Damit sind wir auch schon am Schluss des zweiten Digitalen Börsenbriefs angelangt.

        Ich hoffe, ihr habt ein paar Anregungen mitnehmen können und freue mich auf ein baldiges Wiedersehen beim Börsenhaiden!

        Hinweis: bei schlechter Videoqualität prüfe bitte, ob hier die beste Qualität eingestellt ist.